DER KRIEG IN UNS – Talk mit dem Filmemacher Sebastian Heinzel

Wenn es um die Vergangenheit geht, dann sind wir “wir Deutschen”. Wir Deutschen wollen die Guten sein. Wir Deutschen sind ein offenes Land. Von deutschem Boden darf nie wieder ein Krieg ausgehen. Wir Deutschen mit unserer Vergangenheit. Wir Deutschen wollen Frieden in der Ukraine.

Das “wir” ist eine bequeme Verallgemeinerung, die dafür sorgt, dass sich der Einzelne einfach aus der Sache raushalten kann, sich nicht gemeint fühlt, aber immer betroffen und schuldbewusst mitnicken kann. Solange das Kollektiv angesprochen wird, wird es immer Lähmung geben. Weil “wir” können da gar nichts machen. Und überhaupt, wer sind “wir” denn?

Sebastian Heinzel hat aus dem “wir” ein “ich” gemacht. Seine Alpträume, seine Beziehung zu seinem Vater und das Schweigen in der Familie haben ihn sich aufmachen lassen herauszufinden, wie er Licht und Klarheit in diese Verwirrungen bekommt. Sebastian hat gemeinsam mit seinem Filmteam über Jahre geforscht, Traumaarbeit gemacht, Wissenschaftler befragt und die Kriegsschauplätze seiner Großväter besucht. Herausgekommen ist ein sehr persönlicher Film, der uns alle angeht, jeden einzeln, “Der Krieg in mir”.

Für mich ist der Film ein Hinwenden an eine Zeit, die durch eine reine Schuldkonnotation nicht aufgearbeitet, nicht ins Licht geführt werden konnte. Und dabei geht es nicht im Geringsten darum Verständnis für eine krude Ideologie zu entwickeln, in deren Namen das Alles stattgefunden hat, sondern die ganz persönliche Ebene zu sich zu nehmen.

Unsere Väter und Großväter sind unsere Ahnen, die durch unser Wegschauen von uns abgeschnitten sind. Wir sind von ihnen abgeschnitten, und haben damit kaum Zugriff auf eine wichtige Ressource. Das Wissen um unsere Herkunft und unsere Wurzeln und das diese in uns lebendig sind. Wenn sich jeder Einzelne traut, diese Verbindung wieder einzugehen, kann auch das “Wir”, das Kollektiv, den Kopf wieder ein wenig gerader auf den Schultern tragen und Frieden in sich finden.