Aus der Zukunft führen – Dialog als Soziale Technologie
Wo zwei oder mehr in meinem Namen zusammenkommen,
da bin ich mitten unter ihnen.
Mattheus 18:20
Digitale Maschinenstürmer
Eine Angst unserer Zeit, die wir noch gar nicht richtig fassen können, ist die Frage, wie sich künstliche Intelligenz auf unser Leben auswirken wird. Wie ersetzbar wir werden. Was eigentlich unser Wert ist. Seit den Maschinenstürmern des 19. Jahrhunderts steht der Mensch mit seinen eigenen Erfindungen auf Kriegsfuss. Erst ersetzen Automaten und Maschinen schwere körperliche Arbeit, dann greift Künstliche Intelligenz auch Geist und Kultur an. Text und Grafik, kreative Arbeit und auch Coaching und Beratung können jetzt bereits durch KI ersetzt werden. Algorithmen als Gegenüber, um mein Leben in den Griff zu bekommen. Algorithmen, die mir einblenden, welche Serie ich mag. Algorithmen bestimmen, was ich denken und glauben soll, indem sie meinen Newsfeed steuern.
Wer also werden wir sein, wenn das in alle Bereiche des Lebens Einzug hält? Wer wollen wir sein? Das Interessante ist, dass wir glauben, etwas anderes als diese Algorithmen zu sein, etwas Besseres. Doch wenn wir ganz genau hinschauen, folgen auch wir repetitiven Mustern (wodurch zum Beispiel unser Handeln für KI vorhersagbar wird). Immer und immer wieder agieren wir Konditionierung aus, vermeiden Schmerz, suchen Befriedigung in Betäubung und Ablenkung. Ganz automatisch. Seit mehr als 100.000 Jahren trainieren wir unseren eigenen Algorithmus auf Überleben, immer wieder mit verschiedenen Upgrades, die auf neue Strategien setzen, weil die Alten nicht mehr funktionieren. Und/oder wir den Lebensraum so verändert haben, dass ein Überleben nicht mehr gewährleistet werden kann. Wir wiederholen die Muster unserer Großeltern, ihre Träume, die oft aus Mangel geboren werden. Wir sind Nervensysteme mit den Bedürfnissen eines Neandertalers und der Fähigkeit, Atome zu spalten.
Technologisch sind wir nun fast an den Punkt gekommen, wo wir uns alle zurücklehnen könnten. Ab hier würde das Leben komplett über Spracheingabe funktionieren. Wir müssen nur noch sagen was wir wollen. Aber was wollen wir eigentlich? Was wollen wir wirklich? Wer sind wir, wenn all unsere akkumulierenden, auf Sicherheit und Grundbedürfnisse programmierten Algorithmen alles das erschaffen und angesammelt haben, von dem wir glauben, dass es uns glücklich macht? Und ohne einen weiteren Mangelthread aufmachen zu wollen, aber es ist wie es ist: wie viele Erden werden wir bis dahin verbraten haben?
Organische Algorithmen: Wer wollen wir sein?
Also sind wir als Menschheit angehalten zu erforschen, was zum Teufel wir denn mehr sind, als diese auf Überleben programmierten Einheiten. Was uns von dem unterscheidet, was wir hier gerade erschaffen haben. Was unser Wert ist, wenn unsere eigenen Erfindungen alles besser, schneller, effektiver können als wir es bisher konnten. Wenn sie sogar in der Lage sind, uns selbst zu verbessern? Leben wir in Parks und lassen uns von Automaten füttern? Schließen wir uns an eine gigantische Simulation an und bewahren unsere Körper in Hyalurongel auf, wo wir kaum noch altern? Spielen wir dort das alte Spiel dann einfach immer wieder?
Ich möchte das hier mal abkürzen. Solange wir uns selbst weiter in diesen Schleifen bewegen, werden wir gegenüber dem, was gerade entsteht, keinen Vorteil mehr haben. Wir werden zurückbleiben und unser eigener Zoo in einem Maschinenpark sein. Doch unser Vorteil liegt darin, dass wir eben keine Algorithmen sind! Wir haben uns nur angewöhnt, uns wie welche zu verhalten.
In der Geschichte der Menschheit hat es schon immer Individuen gegeben, die die Programmhaftigkeit unseres irdischen Daseins erkannt haben und daraus ausgestiegen sind. Der Buddha war so einer, vielleicht Jesus und einige andere helle Lichter der Vergangenheit. Diesem Ausstieg haftet etwas Kulthaftes an, etwas Unerreichbares, etwas das eben nur ganz besonderen Individuen vorbehalten ist. Und das muss sich ändern. Der Ausstieg ist ein neuer, kollektiver Imperativ. Das Gebot der Stunde für alles, was wir grob als Metakrise bezeichnen und von dem die KI wichtiger Teil und Treiber ist.
Werden wir uns jetzt also alle aufs Meditationskissen zurückziehen müssen? Wenn das auch keinesfalls schadet, möchte ich auf noch ganz andere Wege hinaus, die uns helfen, unsere bekannten, festgefahrenen und destruktiven Programme zu verlassen und das Neue einzuladen. Lass sie uns “Soziale Technologien” nennen, was auch nur Begriffe sind, für etwas, das es schon gibt, seit die Menschen in Kreisen Dinge aushandeln, die ihr Miteinander oder ihre Zukunft betreffen.
Dialog mit dem Universum
Etwas, zu dem im uns bekannten Universum nur der Mensch in der Lage ist, ist das Erspüren, das “Sensen” der eigenen Zukunft. Genau das macht den Unterschied aus zu dem, sich weiterhin wie ein selbst abspulendes Programm zu verhalten. Menschen, die in der Lage waren, neben die Kakophonie des Alltäglichen zu lauschen, sind schon immer als große Führer, Künstler und Propheten in die Geschichte eingegangen. Sie brachten neue Wege, neue Bilder, neue Paradigmen. Sie waren die, die ganze Zeitalter begründet, Religionen gestürzt und neues Denken eingeführt haben. Heute sieht es jedoch so aus, dass einzelne Lichter nicht mehr ausreichen. Wir müssen Lichterketten bilden, damit es hell werden kann auf diesem Planeten.
Meine Lieblingstechnologie ist der Bohmsche Dialog. An anderer Stelle taucht er jetzt als “Emergenter Dialog” auf, was noch viel besser beschreibt, was in solchen Runden passiert und eingeladen wird: das Mehr, das durch das Feld entsteht. Eine eigene Feldidentität, die Antworten enthalten kann und die Teilnehmer mit neuen Sichtweisen, mit einem offenen Blick in die Welt hinaus schickt. David Bohm definierte es so, dass geronnenes Denken “Thought”, die alten Algorithmen denen wir folgen, in flüssiges, frisches Denken, “Thinking” verwandelt wird. Alles, was im Kopf zum Besitzstand erklärt und zu Substantiven verwandelt wurde, wird buchstäblich liquidiert und erfährt Raum, Luft, Licht und neues Leben. Wir fließen mit dem Feld und bewegen uns mit ihm dorthin, wo “es” uns haben will. Wir müssen das noch nicht einmal verstehen. Aus der Frische handelnd, kann das Neue durch uns entstehen. Es drückt sich dann durch unser Tun aus, wir werden die Veränderung, die wir uns erhofft haben. Und es wird nicht reichen, wenn wir es nur einmal tun. Es muss zu unserer Praxis werden, der Grundsatz jeder menschlichen Zusammenkunft, so dass, um mal etwas pathetisch zu werden, unser Leben ein Dialog mit dem schöpferischen Universum wird.
Spiral Dynamics als Landkarte
Ich habe bis hierhin kein Wort über Spiral Dynamics verloren. Spiral Dynamics ist für mich die Landkarte und auch ein bisschen die Grundschule, um einordnen zu können, wo, auf welcher Ebene wir uns bewegen. Der erste Rang, die Überlebensschaltkreise, auf denen unser Bewusstsein sich eher automatisch entwickelt hat ist die Ausgangssituation. Bis hierhin hat es uns gebracht. Im zweiten Rang, Second Tier, sehen wir uns der Herausforderung gegenüber, diese Automatismen zu verlassen, weil sie uns auch an den Rand des Untergangs gebracht haben. Wir sehen uns der multiplen Krise gegenüber, die uns so unter Druck setzt, dass wir den Sprung ins Unbekannte machen müssen. Und es gibt eben Wege, wie wir das Unbekannte einladen können, uns mit ihm vertraut machen, mit ihm tanzen. Otto Scharmer mit seiner Theorie U bietet uns hier Räume an, diesen Tanz zu wagen. Oder Thomas Hübl. Es werden immer mehr, und wir sollten alle mit dazu kommen. Ich denke, das ist der Weg!
Easy is Right - Kommunikation und Soziale Technologien üben
Mit Barbara Biella treffen wir uns vom 19. – 21.01. in Krefeld zu Easy is Right. Hier werden wir ausgiebig Dialog- und Kommunikationsformen üben und Barbara wird mit uns aufstellen, was noch an “Thought” zwischen dir und einem leichtläufigen Leben liegt. Check noch mit ein, es sind noch ein paar Plätze frei. Hier beginnt es!
Aus der Zukunft führen - Talk mit Jonathan Kloth
Mit Jonathan Klodt habe ich mich darüber unterhalten, wie es ist, aus der Zukunft zu führen. Wir sprechen über seine Erfahrungen mit Sozialen Technologien im Business Kontext, über siegreiches Scheitern und das Schicksal der Pioniere, der Zeit immer ein bisschen voraus zu sein.