Vom Mangel an erfüllenden Visionen u.a. in der Science Fiction

von | 6. Sep 2022

Ein deutscher Politiker hat einst gesagt, wer Visionen hätte, der solle zum Arzt gehen. Das beschreibt das ganze sozialdemokratische Dilemma des letzten Jahrhunderts und die Plan- und Bewegungslosigkeit der aktuellen neuen Politik. Wer sich als erster bewegt hat verloren. Damit ist in erster Linie geistige Bewegung gemeint. Etwas wirklich tragfähiges an die Wand werfen, auf das man eine Zukunft bauen kann. Etwas, dass die neue Zeit zeigt, ohne das irgendein bereits mehrmals von Links nach Rechts gewendeter Ismus erneut dafür herhalten muss. Sonnenlicht durchflutete Stalinsche Alleen mit roten Fahnen abgewechselt von speerschen Alleen überspannt mit wagnerisch, malerischen Haufenwolken und eine weitere Abwandlung mit kitschig römischen Übertreibungen neben achtspurigen Highways als die Version des US-amerikanischen Totalitarismus. Irgendwas great again! Für immer. Das sind die Visionen des First Tier. Darum streiten sich immer noch immer die Hauptnarrative, auch wenn wir sie jetzt alle gemeinsam untergehen sehen. Die zaristisch stalinistische Vision wird die nächsten drei Jahre nicht überleben. Alle anderen gehen die nächsten 10 Jahre den Bach runter. Der Krieg in der Ukraine ist nur der Anfang. Der Blau/Orange Komplex wird den Löffel in seiner Dominanz abgeben. Niemand wird mehr zu Orangen Bedingungen arbeiten wollen, wenn nicht eine gehörige Portion Grün dabei ist. (Es sein denn, die Zeiten ändern sich jetzt so drastisch, dass die ersten gleich im untersten Level Aufschlagen, Beige, der Bioüberlebensschaltkreis nach Leary, wir machen alles, von der Hand in den Mund).

Apokalypse Now!

Kein First Tier Meme wird mehr allein den Ton angeben ohne eine gelbe Ebene, die in der Lage ist, das ganze Bild zu betrachten. Ohne dass jemand sagt, das können wir so nicht machen, da läuft ja Öl, oder Blut oder Würdelosigkeit hinten raus. Soylent Green ist Menschenfleisch!
Das Ganze wird entscheiden. Was kommt bei dem was wir tun für das Ganze raus. Das ist der Shift vom Ego zum Öko. Das Pferd düngt, der Baum erzeugt Sauerstoff, die Algen bunkern Kohlendioxid. Jeder gibt und nimmt zu gleichen Teilen, nimmt einer zuviel, gibt es eine Krankheit die das regelt. Normalerweise.

Was ist unser Beitrag, der den Planeten zu einem schöneren Ort macht, davon abgesehen, dass wir ihn nur nicht kaputt machen müssten. Wie tragen wir dazu bei, dass wir den Planeten besser zurücklassen als wir ihn vorgefunden haben? Für die Unterhaltungsbranche ist das eine langweilige Frage. Da muss erstmal ein bisschen Apokalypse passieren, bevor am Schluss eine kleine zaghafte Antwort kommt. In Form von hippiesken Menschengrüppchen die ganz sanft mit der Natur zusammen leben. Verstohlen dreht sich ein Windrad, und auf dem Teller im irdenen Geschirr dampft ein Möhrensüppchen aus Exemplaren aus dem eigenen Garten. Das will doch niemand sehen. Das ist das Problem. Überall dort wo es Hightech gibt, ist auch Dystopie. Da haben genetische Mutationen den Menschen die Gefühle ausgetrieben. Oder die Fortpflanzung. Oder beides.

Apokalyptische Unterhaltung ist ein Oranges Phänomen. Das Popcorn cruncht einfach doppelt so gut, wenn der Planet kurz vorm Abfackeln steht, oder mindestens schon einmal abgefackelt ist.
Science Fiction. Ein Genre das mal ein Treiber von Kultur war. Die ganze 60er Jahre Ästhetik mitgeprägt hat. Innovatoren, Designer, Ingenieure, für die die Werke der Literaten oder Filmemacher keine Fantasie war, die der Unterhaltung gedient hat, sondern die Schöpfer waren. Mitschöpfer, der Teppich entsteht aus mehreren Fäden die verwoben werden. Star-Trek Ästhetik, Apple Ästhetik, Club Ästhetik. Das Unmögliche entsteht zuerst als Idee, dann schaut einer, ob man es nicht wirklich machen kann. So geht die Kooperation zwischen Technikvisionären und Phantasten. Und heute? Keiner will mehr große Visionen. Uns ist das Staunen vergangen. Die Schönheit eines Planeten hat nicht gereicht, um unsere gierigen Finger von ihm zu lassen, was also könnte uns nun davon abbringen, ihn weiter zu zerstören? Die Apokalypse. Nur dieses Szenario, schon immer gern gekauft, und mindestens zu jeder Jahrhundertwende neu durchs Dorf getrieben. Einmal richtig Tabula Rasa und dann neu aufbauen. Für das Tabula Rasa Szenario brauchen wir ja nur so weitermachen. Doch Freunde des Wiederaufbaus seien gewarnt. Vielleicht wird es doch gar nicht so romantisch in alten U-Bahntunneln verbrauchte Luft zu atmen, oder draußen den Wölfen das Wild abzujagen. Genau das sind die Bilder, die uns von mehr oder weniger großen Kinofilmen gezeigt werden. Da ist kein Bild vom Neuen, wie es wirkt. Keine Idee davon, wie wir es geschafft haben, was den Schalter umgelegt hat. Szenario eins, wir verlassen die Erde, weil wir den Mars besiedeln, oder irgendetwas anderes entdeckt haben. Hurra, können wir jetzt rufen. Die Erde als Produktionsstätte für den Schrott den wir woanders hintragen. Aber es ist nicht nur der Schrott, es ist unser Gedankengut. Es ist das Nicht-Neue, was wir ins All raustragen. Wären wir nicht die die wir sind, würden wir nicht so hungrig nach oben, respektive nach draußen schauen. Dann hätten wir bereits bemerkt, wohin wir schauen müssen, nach innen, um das zu finden, was wir außerhalb von uns suchen. Weil unsere geistige Schule uns das so gelehrt hat. Innen nichts zu finden.

Aniara

Das Wesen der Welt liegt in den Dingen. Die Dinge und unser Verständnis dafür ist es, worauf es ankommt. Im Film Aniara fliegt ein riesiges wenig elegantes Raumschiff wie eine gigantische Shopping-Mall durch den Weltraum, ausgestattet mit allem was man für eine Kreuzfahrt braucht. Die Sorge der Menschen die den verbrauchten Planeten Erde verlassen drehen sich darum, ob sie in den Marsanzügen, die sie in Zukunft tragen werden, nicht zu unförmig aussehen. Die Katastrophe nimmt ihren Lauf, auf dem Schiff entsteht eine kleine eigene Biosphäre mit Sauerstoff aus Algen und Algen zum Essen. Es mangelt jedoch Jahr um Jahr an Sinn. Die Menschen sterben, die Sinnlosigkeit ist es letztendlich, die alle umbringt, selbst die Stärksten. Trotz, dass eine stabile Population auf dem riesigen Schiff technisch möglich wäre. Letzte Einstellung, ein erdähnlicher Planet auf den das Raumschiff zusteuert, der erste Himmelskörper nach 5.000.000 Jahren, den man braucht um das ersehnte Wendemanöver zum Mars durchzuführen. 20 Jahre spielen die Reisenden das Drama der Erde noch einmal nach. Erst ist alles da, inklusive Machtausübung und Hackordnung, dann Solidarität unter den Überlebenden, dann nur noch eine Horde durchs Gebet verbunden, dann niemand mehr. Eine Mahnung, wieder eine Mahnung, keine Vision. Keine Utopie, die zeigt, wie es gelingt, wie das durchbricht, was wir dringend brauchen.

Es gibt geistige Schulen auf Planet Erde, die sagen, wir würden zu dem was wir denken. Gedanken werden Dinge. Die Dinge die uns umgeben, vieles, das wir für selbstverständlich halten, war zuerst ein Gedanke, dann ein Plan und dann die Wirklichkeit. Das Ding, das wir in den Händen halten. Und so ist es auch mit den immateriellen Dingen. Unserer Gesellschaft zum Beispiel. Unsere Demokratie. Ideal ist sie nicht, und auch keine Utopie mehr. Und doch ist es eine Utopie, wenn wir uns eine Welt des Mittelalters anschauen.
Kindersterblichkeit, Pest, Armut, katastrophale hygienische Bedingungen die zu katastrophalen Seuchen geführt haben. Eine Welt wie unsere ist die Utopie für einen Menschen aus dieser Zeit. Und doch ist sie keine, weil sie den Tod so vieler Dinge bedeutet. Weil sie Ungerechtigkeit und Ausbeutung impliziert. Weil das, was unser Reichtum und unser Vermögen ausmacht, auf Kosten von irgendetwas geht. Wir sind die Dystopie für einen Großteil der Menschen die das hier mit erschaffen. Wie viele Komponenten müssen denn eingerechnet werden, damit wir von einer Utopie sprechen können? Leidet noch jemand unter der neuen Zeit, damit wir es Utopie nennen dürfen. Ich denke nicht. Eine Utopie kann nur etwas sein, das nicht auf Kosten von etwas anderem geht. Die Second Tier Maxime, das WIN-WIN-WIN, ist die wichtigste Voraussetzung für eine echte Utopie. Eine Gesellschaftsordnung, die an alles gedacht hat. Die ewig so weitermachen könnte wie zum Idealzustand X, ist eine gelingende Utopie. Wenn alles auf der Kette ist, was zum aktuellen Zeitpunkt bedenkbar ist. Denn natürlich ist die perfekte Utopie flexibel genug, sich selbst umbauen zu können. Ihr unterliegt eine Maybe Logic, die agil reagieren kann. Wenn wir uns aber den Planeten mit relativ wenigen Menschen betrachten, dann entstehen von sich aus keine unangenehmen Verwerfungen. Bisher war der Mensch die Verwerfung. Wir suchen also nur eine Utopie = Mensch + Natürliche Evolution + Natürliches Gleichgewicht. Der Mensch als Hüter, nicht als Unterjocher des Planeten. Der Mensch, der sich der geistigen, körperlichen und wissenschaftlichen Evolution widmet doch statt Kollateralschäden Segnungen und Duft hinterlässt.

Aniara Trailer

Equals

Im Streifen Equals bekommt die Mahnung einen ganz praktischen Wert. Wir landen hier im Genre angewandte Science Fiction, weil uns eine neues Sichtweise zum Betrachten politischer Tendenzen gegeben wird. Eine zukünftige Welt hat es geschafft, uns von unseren Emotionen zu entkoppeln. Wir fühlen nichts mehr, durch Konditionierung und Auslese. Aber immer wieder, bei einzelnen Individuen bricht das gute alte Fühlen durch. Grund dafür ist, das macht der Film deutlich, die gute alte romantische Liebe, zwischen Individuen, deren Antennen nie ganz abgeschalten waren, die dies nur gut zu verstecken wussten. Es kommt wies kommen musste. Paar liebt sich, Paar fliegt auf, neue Impfung impft die guten alten Gefühle weg, aber gute alte Liebe ist stärker. Das Gute Alte gewinnt, und ja, es ist Utopie aus Sicht derer, denen Individualität und dieses widerlich unberechenbare Fühlen ganz gehörig auf den Sack gehen. Schon immer! Und ganz klar eine Dystopie für die die hoffen, dass der Mensch in Zukunft einfach alles sein kann, und das mit den Gefühlen für sich auch freundlich lösen kann. Aber Moment, Impfen, da war doch was. Ja, hier haben wir es mit einer Vision zu tun, wohin das ganze führen kann. Dafür war die ganze Illusionsschmiede doch da. Das wir im Schimmern der Glasperlen eine Facette einer möglichen Zukunft sehen können und sie abwählen. Nein, wir gehen das Risiko des Chaos durch Gefühle ein. Wir erkennen, dass uns Emotionen stärker und reicher machen. Das sie uns zu dem werden lassen, was wir sind. Wer wir sind. Dass wir die Natur, unsere Natur nicht mit ein paar medizinischen Behandlungen unterdrücken oder wegmachen können. Dass wir uns darauf einlassen müssen. Und dass es in Zukunft Menschen geben wird, die es wagen, das Natürliche aus sich selbst hervor zu holen. Ist das die Utopie?

Lassen wir die Faschisten doch mehr rationale Entscheidungen treffen. Lasst sie uns vermurksen und lebendig begraben. In Glassärgen leben und Filterluft atmen. Einfach stumpf in jede Sackgasse rennen und jede krude Erfahrung machen. Gibt es falsche Erfahrungen? Doch nur im Individuum, im Individuellen. Das Kollektiv kennt keine Fehler, es kennt nur Entscheidungen zur Erhaltung und Stärkung des Kollektives. Seht nun, wohin euch eure Liebe gebracht hat. Liebe ist Oxytocin, Chemie ist, was uns bindet. Wenn diese matt-weiße Sicht auf die Welt von natürlichen Wellen der Rebellion und Nichtanpassung durchbrochen werden, kommt sie zum Vorschein. Die Natur, die so viel Gutes und soviel Wollen enthält. Ich will! Alles was danach kommt ist der erneute Untergang, führt in schreckliche Gammaphasen des Windens und der Ausweglosigkeit und ist doch der neue Aufbruch.

Equals Trailer

Aeon Flux

Aeon Flux’ Welt ist eine Welt der Klone, weil die Impfung gegen das neue Virus so stark ist, dass sich die Menschen nach der großen Katastrophe entscheiden mussten. Leben oder Vermehrung. Sie haben sich für Leben mit Klonen entschieden. Das Böse versucht die Entdeckung noch zurück zu halten, doch die Mauern brechen. Die Natur hat die gute alte Schwangerschaft wieder neu erfunden. Allen Machtspielchen zum Trotz liegt die Vision im Wahnsinn der Selbstheilung. Keine Therm-O-Egg-Intrudor rettet die Menschheit vor dem Aussterben. Kein Wechsel in eine andere Dimension. Die Natur bricht sich ihre Bahn. Nicht die Tech Barone retten die Welt.

Drum werden wir in Zukunft woanders schauen müssen. Nicht hinter kühl gebürstetem Alu werden wir die Antworten auf die Frage wohin die Reise geht finden. Auch nicht im Bio-Möhren-Süppchen, obwohl die mehr Antworten birgt als wir häufig wahrhaben wollen. Vielleicht wollen wir mehr der Natur vertrauen, die schon vor der Erfindung des Neokortex die Dinge zu ihren Gunsten regeln konnte. Dem großen Nicht-Plan, der uns zwischen WIR und ICH mäandernd mal zweifelnd und mal hoffend die Jakobsleiter aufwärts klettern lässt.

Aeon Flux Trailer

Spiral Dynamics

Spiral Dynamics ist ein Entwicklungsmodell, das unter anderem die Evolution des menschlichen Bewusstseins abbildet. Es hilft uns in Zeiten akuten Wandels einen Überblick zu bekommen und eine Metaperspektive einzunehmen. Durch Spiral Dynamics wird klar, wohin wir uns auf diesem Planeten psychologisch, soziologisch und spirituell entwickeln.

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